a) Der Weg zum Jugendrat und die erste Amtsperiode (1970 – 1972)
Am 12.10.1970 ist Stadtratssitzung. Dabei wird ein Brief der Jungen Union und ein Brief des Kreisjugendrings angesprochen. Zu erinnern ist dabei, dass wir noch vor der Gebietsreform sind. Die Jugendpolitik hatte, da Dinkelsbühl ein eigener Landkreis war, den Kreisjugendring und den Kreisjugendpfleger vor Ort. Unbeachtet aller anderen Aspekte hatte die Gebietsreform für die Jungendpolitik die Konsequenz, dass Funktionen der Kreisjungenpolitik nicht mehr hier bei uns im Ort, sondern in Ansbach angesiedelt waren. Als „Ersatz“ etablierte sich dann der Jugendbeauftragte bzw. Jugendreferent des Stadtrats, der eingeschränkte Möglichkeiten hatte.
Der damalige Kreisjugendpfleger Textor trägt Überlegungen vor, eine Art Jugendclub zu gründen, für den der KJR die Verantwortung übernimmt. Der Stadtrat spricht sich grundsätzlich für dieses Szenario aus. Damit ist der erste Schritt getan. Es wird zwar am Ende kein Jugendclub, der im Rahmen des KJR agiert, aber der erste Schritt hin zu einer Institution, die sich im Gedankenraum „Jugendliche für Jugendliche“ bewegt,ist gegangen.
Am 15.10 wird – damit schloss der erste Teil dieser Darstellung - der Jugendclub Apropos gegründet. „Apropos, von Jugendlichen für Jugendliche“. Der Name ist sehr passend gewählt, in einer Zeit, in der noch viel Neuland in der Jugendpolitik beschritten wird. Der Begriff wurde im 17. Jahrhundert von französisch à propos, „zur (behandelten) Sache, zum richtigen Zeitpunkt kommend“ entlehnt. Verwendet wird das Wort im Sinne von „übrigens“.. Und so soll der Jugendclub, seine bloße Existenz und seine Aktionen, immer wieder auf die Notwendigkeit hinweise, in Dinkelsbühl eine Politik, ein Angebot, einen Handlungsrahmen und -ort für die vielen Jugendlichen zu schaffen, die in der mittelalterlichen Umgebend keine wirklich Andockstelle für ihre Belange sahen.
„Die 20 Mann starke Truppe besteht nur aus Oberschülern“, so die FLZ im Bericht über die Gründung des Vereins.
Die Mitglieder des Vereins stellten vor, was zentrale Punkte und Ziele sein würden:
Im Januar wird dann, nach dem die CSU bereits „ihren“ Jugendverband Junge Union hat, der Ortsverband der Jusos, der Jugendorganisation der SPD, im Gasthaus zum Löwen in der Feuchtwanger Straße gegründet. Unterlagen dazu, speziell zu Teilnehmern, sind leider bis heute nicht auffindbar.
(Wie auch für alles andere gilt immer die Bitte: Wer Materialien, egal welcher Art, ob Protokolle, Flugblätter, Plakate… hat, der schreibe mir bitte...)
Am 23. Januar berichtet die FLZ über die erste Veranstaltung des neuen Jugendclubs Apropos: Im Schrannensaal findet ein Beatabend des Clubs statt, unter dem Protektorat des KJR.
Im März 1971 wendet sich die Junge Union mit einem Brief an den Stadtrat bzw. den Bürgermeister. Es soll, so der Kern des Briefes, ein kommunaler Jugendplan geschaffen werden, eine Konzeption erstellt werden, das Problem der Jugendlichen ohne Raum, ohne Möglichkeiten wird immer deutlicher und von allen Seiten gesehen.
Ein Antrag der SPD an den Stadtrat, unterschrieben vom Fraktionsversitzenden Mohaupt, vom 12 Mai 1971, wird konkreter. Der Antrag fordert einem „zu erwählenden Aktionsausschuss aus Dinkelsbühler Jugendgruppen einen ausreichenden Betrag zur Verfügung“ zu stellen, „um in einer Fragebogenaktion Grundlagen über das Freizeitverhalten der Dinkelsbühler Jugend zu bekommen.“ Diese Umfrage soll die Wahl eines Jugendparlaments in Dinkelsbühl vorbereiten, diese Wahl soll, so der Antrag, durch die Stadt ideel und finanziell unterstützt werden.
In der Stadtratssitzung vom 17.5.1971 wird der Antrag der JU besprochen. Der ganze Fragenkomplex soll von einem noch zu bestellenden Ausschuss und den einzelnen Jugendgruppen beraten werden. In diesem Ausschuss sollen 2 Mitglieder der CSU Fraktion und je einer der SPD und FW Fraktion sitzen. Dazu jeweils Vertreter aller in DKB bestehenden Jugendgruppen.
Die CSU benennt die Herren Riegler und Blank, die SPD Herrn Mohaupt, die Freien Wähler senden Herrn Dauberschmidt in diesen Ausschuss.
Am 6. Juni 1971 findet die erste Sitzung des neuen Ausschusses für Jugendfragen statt. Junge Union und Jusos stellen jeweils ihr Konzept für ein Jugendparlament vor, die Konzepte selbst sind leider nicht erhalten.
Neben den bereits genannten Mitgliedern sind der TSV, die Gruppe „Entschiedene Christen“, die Naturfreunde, die Evangelische Gemeinde und der Jugendclub Apropos im Ausschuss vertreten.
Zum zweiten Treffen kommen andere Gruppen dazu, der Zunftreigen, die Sportfreunde, die Pfadfinder, das Jugendrotkreuz und die Beamtenjungen, die Segringer Landjugend und die Jungbauernschaft.
An der Diskussion waren, dem Bericht nach, vor allem JU und Jusos beteiligt. Es gehe zunächst, so der Konsens der beiden politischen Jugendorganisationen, darum, ein Jugendparlament zu schaffen. Nach dem Vorhaben der Jusos und der JU soll dieses Gremium durch die Wahl aller Jugendlichen, also auch der nicht in Vereinen organisierten, erfolgen. Ein vorläufiger Ausschuss zur Vorbereitung der Wahl wird gebildet.
Die Stadt solle die Kosten der Wahl und die laufenden Kosten des Jugendrates tragen.
Kurz nach diesem Treffen erscheint eine kleine Broschüre als Informationsorgan der Jungsozialisten in der SPD, OV Dinkelsbühl, ohne Datum, „INFO 1“. Darin steht: „Die Jungsozialisten Dinkelsbühl sind der Meinung, daß die Jugendlichen, gerade in Dinkelsbühl, eine völlig unterrepräsentierte Schicht der Bevölkerung darstellen, die bei kommunalpolitischen Entscheidungen leider allzu oft übergangen werden“
Zur Stadtratssitzung vom 17.5. wird angemerkt, dass die Anträge der Jungen Union nach Einschätzung der Jusos bevorzugt behandelt würden, Bürgermeister Schenk bremse die Jusos eher aus. Die Jusos seien die einzige Gruppierung, die den Jugendrat tatsächlich wolle.
Kurz danach erscheint „INFO 2“, auch wieder ohne Datum. Hier werden erstmal genauere Regeln für einen zu wählenden Jugendrat formuliert.
Aufgabe des Jugendrates (JR) sei die Information des Stadtrates über die Wünsche der Jugendlichen. Für jedes Quartal soll der JR eine Denkschrift zum Stand der Jugendarbeit erstellt werden. Für den noch zu wählenden JR wird ein Antragsrecht im Stadtrat gefordert. Der JR muss im Stadtrat gehört werden, er soll aus 15 Mitgliedern bestehen, die von allen Jugendlichen ab 14 bis maximal 20 gewählt werden. Als Amtsdauer sind 12 Monate vorgesehen, Sitzungen sollen alle 14 Tage stattfinden. In jedem Quartal soll, diesem Plan zufolge, eine öffentliche Jugendversammlung stattfinden.
Auch wenn einzelne Verfasser in diesem Bericht nicht genannt werden, gehen viele der von mir Befragten davon aus, dass diese Gruppierung gleichzeitig den „Kern“ des ersten gewählten Jugendrats stellte. Genannt werden aber wie gesagt keine Namen, es wird nur erwähnt, dass der Text, das Programm, von 30 Personen verfasst wurde und auf „basisdemokratische Art“ zustande gekommen sei.
Am 29.7.71 informiert die FLZ über ein Info-Flugblatt, ohne einen Herausgeber zu nennen. Dieses Flugblatt, verteilt an alle Haushaltungen informierte über drei Aspekte des neu zu wählenden JRs. Was ist er? Wozu brauchen wir ihn? Wie wird er gewählt?
Eine völlig neue Gruppe taucht, leider schriftlich erwähnt nur dieses eine Mal, auf. Bei einer Sitzung des Jugendausschusses erscheinen Vertreter einer Gruppe, die sich „Jünger Christoph von Schmidts“ nennen. Sie äußern, ausweislich des FLZ-Berichts über diese Sitzung, die Angst, dass „der Jugendrat nur gebildet [wird], damit man uns dort unten am Denkmal wegbringen kann“. Es ist aus eigener Erinnerung des Verfassers anzunehmen, dass es sich um eine Gruppe unorganisierter Jugendlicher, die sich mit Mopeds, Mofas und evtl. auch Motorrädern am Denkmal trafen und manchem Dinkelsbühler Bürger ein Dorn im Auge war.
In der Stadtratssitzung vom 18. August 1971 wird dann endgültig beschlossen, dass in Dinkelsbühl ein Jugendrat gebildet wird. Die Stadt übernimmt die Kosten für die Wahl und die Flugblätter, die dazu aufrufen sollen. „Der Stadtrat ist eindeutig der Meinung, daß man dieses Vorhaben unterstützen muss“, heißt es in der Sitzung.
In der Folge fand in der Schranne am 19. September die erste Informationsveranstaltung statt.
Die FLZ berichtet auch von der Planung:
In dieser Zeit verändert sich generell viel im Bereich der Jugendpolitik, dem Jugendverhalten und der Gesellschaft, die 68er kommen mit „Verspätung“ auch in Dinkelsbühl an. So erscheint eine erste Nummer der Freien Dinkelsbühler Jugendzeitschrift (FDJ). Herausgeber sind die Jusos Dinkelsbühl, die Zeitschrift soll „eine Alternative zu der bisherigen, unter der Zensur des Direktorats stehenden Schülerzeitschrift Der Taschenspiegel darstellen“. Themen der Nullnummer sind unter anderem der Jugendrat.
Bürgermeister Schenk nimmt in der Stadtratssitzung am 4.10. 71 diese Zeitschrift zum Anlass, Kritik an der Veranstaltung in der Schranne zu üben. Neben der Auslage der FDJ sei, so Schenk, Werbung für Kriegsdienstverweigerung gemacht worden.
In dieser Stadtratssitzung wird auch ein Entwurf für die Satzung des Jugendrats vorgelegt und vorgeschlagen, dass der JR halbjährlich eine Denkschrift erstellen solle wie auch eine Jugendversammlung zur Präsentation dieses „Rechenschaftsberichts“.
Demnach hat der Jugendrat die Aufgabe, „die Interessen und Bedürfnisse der Dinkelsbühler Jugendlichen zu erforschen und an die Stadt zu vermitteln“. Daneben soll er die Stadt in Jugendfragen beraten. Er hat bei Fragen der Jugendpolitik Anhörungsrecht und kann, über den Jugendausschuss des Stadtrates, Anträge an diesen stellen. Die 15 Mitglieder des Jugendrates werden in gleicher und geheimer Wahl gewählt, dabei haben alle Jugendlichen zwischen 14 und 21 aktives und passives Wahlrecht. Neuwahlen finden jährlich statt.
Vor der Wahl fand am 27.10. 71 noch eine Podiumsdiskussion in der Schranne statt. Es nahmen die Stadträte Schabert, Rieder, Wenng und Schneider teil. Die FLZ bemängelte in ihrem Bericht, dass kein SPD Stadtrat erschienen war.
Am 30.Oktober 1971 fand dann die erste Wahl zum Jugendrat statt. Es nahmen insgesamt 243 Jugendliche (von etwa 1000 Wahlberechtigten) an der Wahl teil. 15 Jugendliche wurden zum ersten Jugendrat der Stadt gewählt:
Bei der konstituierenden Sitzung im „Goldenen Hirsch“ wählten die 15 Jugendräte die Mitglieder Spriegel, Beitzer und Schabert zur Geschäftsführung des JR, Hildegard Gröger wurde zur Schriftführerin gewählt.
Der 1. Jugendrat, 1971 bis 1972
Der Jugendrat stellt in seiner ersten Sitzung eine Finanzplanung auf. Für Informationsmaterial, Versammlungen, Bürobedarf, Referenten und Fahrtkosten wird eine Gesamtsumme von 5.500 DM veranschlagt, diese Planung wird, unterschrieben von „Beitzer und Spriegel“ an den Stadtrat weitergeleitet.
Daneben wird ein Büroraum, ein Aufenthaltsraum für Veranstaltungen und ein kleiner Raum für Besprechungen gefordert. Der Jugendrat schlägt vor, die Räume im Alten Rathaus zu nutzen, da hier durch die dicken Mauern eine gute Geräuschisolation gegeben sei.
Nicht eindeutig ist die Haltung des Jugendrates zur Frage, ob er Mitglied im Kreisjugendring werden soll. Auch die Frage, ob für Konzerte eher ein Raum im Spital oder im Alten Rathaus sinnvoll ist wird diskutiert. Für den 27. November wird eine erste Beatveranstaltung geplant.
Bei der zweiten Sitzung ist Stadtrat Rieder Gast. Der Jugendrat betont, dass er eine Lücke zwischen dem Stadtrat und allen Jugendlichen schließen wolle, er sei kein Verein wie andere, müsse deshalb auch bei der Mittelbeschaffung anders behandelt werden.
Im Dezember sind als Neuerung Zuhörer bei den Sitzungen redeberechtigt. Neben den Raumfragen werden jetzt auch der vielfach schlechte Zustand der Spielplätze der Stadt in den Fokus genommen. Als Fernziel wird bei einer Sitzung auch genannt, ein „Sanierungsprogramm für die Altstadt in politischer und kultureller Hinsicht“ zu erstellen. Nähere Ausführungen dazu sind leider nicht überliefert.
In der Stadtratssitzung am 20.12. 1971 werden erstmals Anträge des Jugendrats behandelt bzw. angesprochen. Ein neuer Vorschlag zum Thema Jugendraum ist auf dem Tisch, das Gemeindehaus in Wolfertsbronn, welches zurzeit wohl nicht benutzt wird. Es soll eine Besichtigungsfahrt unternommen werden, dann werde entscheiden. [Aufgrund baulicher Mängel erweist sich diese Alternative als Sackgasse.]
Der Ausbau der JH (Heizung in den großen Saal), damit diese für Veranstaltungen des JR genutzt werden könne, kommt in den Mehrjahresplan, die Genehmigung der Veranstaltungen aber, das macht der Stadtrat in der Sitzung klar, liegen in der Hand der Jugendherberge, die Stadt habe hier keine Entscheidungsbefugnis.
Im Januar 1972 wird in einer nichtöffentlichen Sitzung des Stadtrates beschlossen, dass der Jugendrat NICHT einen Gesamtbetrag zur Finanzierung bekommen wird. Er wird behandelt wie andere Vereine, einzelne Rechnungen können eingereicht werden und die Stadt erstattet dann die Auslage, aber eine selbstbestimmte Kasse wird nicht genehmigt. Auch ein anderer Plan scheitert: Der Bauausschuss kommt im Januar zu dem Schluss, dass ein Ausbau des Kellers im Alten Rathaus baulich nicht in Frage komme.
In der nächsten öffentlichen Stadtratssitzung wird der Finanzplan des Jugendrats definitiv abgelehnt. Dieser reagiert mit einem Brief an den Stadtrat, unterschrieben von den geschäftsführenden Vorständen Beitzer und Spriegel. Darin heißt es: „Es zeugt von der elitären Haltung des Stadtrates, den Jugendrat anderen Jugendgruppen gleichzustellen. Der Stadtrat scheint hiermit zu bezwecken, die Aktionen des JR genauestens zu kontrollieren und ihm nicht genehme Aktionen effektiv durch Sperrung von Geldmitteln zu unterbinden.“
Die Reaktion des Jugendrates auf diese Ablehnungen erfolgt in einem offenen Brief an den Stadtrat, der in der FLZ abgedruckt wird. Darin heißt es am Ende:
„Der Jugendrat ist grundsätzlich an einer produktiven Zusammenarbeit mit dem Stadtrat interessiert. Werden jedoch aus unseren Anträgen nicht realistische Konsequenzen gezogen, sieht der Jugendrat sein Verhältnis zum Stadtrat durch dessen Verschulden ernsthaft gestört und wird trotz offensichtlicher Hemmungsversuche entsprechende Maßnahmen ergreifen“ (FLZ 29.1.1972, Nr 22/72)
Bei der nächsten Jugendratssitzung ist der öffentliche „Wirbel“, den der offene Brief verursacht hat Thema, dazu kommt die Forderung, in den Ausschuss für Kultur, Jungend und Sport einen Vertreter entsenden zu dürfen.
Das Verhältnis zwischen Jugendrat und Stadtrat ist daraufhin Thema einer Sitzung des Jugendausschusses am 7.2. 1972.
Die Seite der Stadt moniert anfangs, dass manche Eingaben des Jugendrates im rechtlichen Sinne keine Anträge seien, sie seien nicht unterschrieben, könnten deshalb nicht behandelt werden.
Den Vorwurf, der Stadt in dem offenen Brief gedroht zu haben kontern die Vertreter des Jugendrates mit der These, dass es eine öffentliche Drohung nicht geben kann, dieses Delikt existiere rechtlich nicht.
Im weiteren geht es darum, dass Stadtrat Blank, lt. Aussage des Jugendrats, behauptet habe, der Jugendrat wolle den Stadtrat einschüchtern, er habe anonyme Drahtzieher und Hintermänner. Der Stadtrat bestreitet diese Aussage getan zu haben, ein anderer Stadtrat (Mohaupt) bestätigt, dass diese Äußerung gefallen sei.
Ein wenig glätten sich die Wogen dann, als Paul Beitzer Versäumnisse des Jugendrats bei der Antragsformulierung mit noch zu geringer Erfahrung entschuldigt und verspricht, der JR werde eine Regelung treffen, wer für Anträge und sonstige Schreiben unterschriftsberechtigt ist. Die Unterzeichnung der bisher vorliegenden Schreiben werde dann nachgeholt.
Am 17.4. 72 berichtete die FLZ über eine Sitzung des Jugendrats. Bei der Faschingsveranstaltung in der Schranne sind 4 Stühle, 13 Flaschen und 20 Aschenbecher kaputt gegangen. Insgesamt sei ein Schaden von 150 DM entstanden.
Paul Beitzer weist darauf hin, dass der JR nicht nur Tanz und Unterhaltungsveranstaltungen durchführen soll, sondern endlich mit Diskussionen über festgelegte Themen zu beginnen. Bisher hat sich der Jugendrat vor allem mit Organisationsfragen und Veranstaltungen beschäftigt, die inhaltliche Arbeit mit und für Jugendliche muss nun vorangebracht werden.
Im April 1972 erscheint der erste Halbjahresbericht des Jugendrates.
Darin wird viel Selbstkritik geübt. Unter anderem heißt es:
„Von der ersten Zuversicht des Jugendrates war vor einiger Zeit nicht mehr viel übrig: Daran hatten zum größten Teil Schwierigkeiten von außen und Enttäuschungen von innen Schuld. … Besonders in der letzten Zeit hat der innere Zusammenhalt und damit die Organisation nachgelassen.“
Es wird bemängelt, dass wenig Kontakt zu Jugendlichen bestehe, bis auf „Stammkunden“ tauchen keine bei den Sitzungen auf. Kurz werden Zwischenfälle der letzten Schrannenveranstaltung genannt, aber nicht weiter erläutert. Kritik an der eigenen „abgekapselten“ Arbeit wird geäußert.
„Wir im JuR müssen also ab jetzt besser und mehr arbeiten, um euch mehr und Besseres bieten zu können, aber dazu brauchen wir eure volle Unterstützung und Mitarbeit“, so der Grundgedanke des Rechenschaftsberichts.
Daneben werden im Halbjahres Bericht Forderungen aufgestellt, die zum Teil die Ausgangsforderungen aus der Zeit vor der Wahl des Jugendrates wieder aufgreifen,
Die Gebühren für den Kindergarten sollen gesenkt werden, ein neuer Kindergarten wird gefordert. Es fehlen dazu Spielplätze für die 8- bis 12-jährigen. Der Schattengraben wird als idealer Ort dafür genannt.
Die Veranstaltungen des JR werden aufgelistet, deren drei in der Schranne. „Praktisch auf jeder Veranstaltung kam es zu mehr oder weniger schweren Raufereien. Diese sind wohl auf den übermäßigen Alkoholgenuss einzelner zurückzuführen.“
Für den Halbjahresbericht zeichnen Rittig, Spriegel und Beitzer verantwortlich
Der Bericht wurde im Rahmen einer Veranstaltung in der Jugendherberge vorgestellt, etwa 30 Jugendliche waren erschienen
Der kurze Text in der FLZ vom 28.7.72 macht vielleicht die ambivalente Stellung, die der Jugendrat in der Öffentlichkeit hatte, deutlich:
Im Herbst war bereits der zweite Halbjahresbericht fällig. Er enthielt eine ausführlichere Darstellung der Finanzen, da diesmal das gesamte Geschäftsjahr abgerechnet wurde.
Durch Tanzveranstaltungen wurde ein Gewinn von 648,27 DM erzielt.
Weiterhin werden im zweiten Bericht Spielplätze gefordert, als Orte werden dafür der TSV Platz, der Schattengraben und der Ausbau des bestehenden Platzes an der Josef Greiner Straße. Im Hoffeld fehle ein Bolzplatz, so der JR.
Es habe Diskussionsveranstaltungen mit Stadtratskandidaten geben und einzelne Jugendräte nahmen an einem Zeltlager für sozial schwächer gestellte Familien teil.
„Das Interesse der Jugend“, so der Bericht weiter, “konnten wir nicht entscheidend steigern.“
Trotz der bestehenden Probleme des ersten Jahres wollten alle Beteiligten weitermachen. Dies macht auch der Bericht der FLZ über ein Treffen zwischen Vertretern des Jugendausschusses, dem Jugendrat und Dinkelsbühler Jugendlichen im Nebenraum des Konzertsaals.
Bei der Diskussion wurde deutlich, dass es keine spezifischen Dinkelsbühler Probleme sind, zumindest nicht nur. Es wurde berichtet, dass der Nürnberger Jugendrat, der bei der Gründung noch als Vorbild diente, sich gerade aufgelöst habe. Paul Beitzer, einer der geschäftsführenden Vorstände des aktuellen Jugendrates, stellte fest, dass bisher leider der Kontakt vor allem zu Schülern bestehe. Es sei dringende Aufgabe des kommenden Jugendrates, in seiner Amtszeit den Kontakt zu allen anderen Jugendlichen in Dinkelsbühl herzustellen. Die Lehrlinge, Jungarbeiter und Jungbauern waren im ersten Jahr des Wirkens noch nicht in die Arbeit eingebunden.
Es wurde bei dieser Veranstaltung auch der dringende Wunsch deutlich, dass der Jugendrat eine bessere Integration in den Stadtrat benötigt. Ein Antrags- und Rederecht bei Stadtratssitzung erscheine hier als geeignetes Mittel, so jugendliche Teilnehmer des Treffens.
Grundsätzlich wurde deutlich, dass Bedarf und Idealismus für den Jugendrat weiterhin vorhanden seien, trotz der Probleme scheine eine zweite Amtsperiode nötig und sinnvoll.
Die Wahl dazu fand am 12. November 1972 statt.
Davon dann mehr nach der Kinderzeche.. Für heute ist es erstmal gut..