Im Zuge der napoleonischen Eroberung Europas war der französische Kaiser 1808 nach Bayern gekommen. Der bayerische König sah in einer militärischen Auseinandersetzung keine Chance, er schloss einen Bund mit Napoleon.
Nach der Katastrophe des Russlandfeldzugs formierte sich die europäische Opposition gegen Napoleon neu, es kam zur sogenannten „Völkerschlacht“ bei Leipzig (16. Bis 19. Oktober 1813). Kurz vor dieser Auseinander-setzung wechselte Bayern die Seiten, schloss sich Preußen und Österreich an und gehörte somit zu den Siegern der „Befreiungskriege“.
„Dabei besiegten die Truppen der Allianz von Russland, Preußen, Österreich und Schweden sowie kleineren Fürstentümern die Truppen Frankreichs und seiner Verbündeten unter Napoleon Bonaparte. Die Folge war Napoleons Rückzug aus Deutschland, begleitet vom Zusammenbruch des Rheinbunds als Stütze seiner Herrschaft.
Mit bis zu 600.000 Teilnehmern aus über einem Dutzend Ländern war dieser Kampf bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wahrscheinlich die größte Schlacht der Weltgeschichte.[6] In der Schlacht wurden von den rund 600.000 beteiligten Soldaten 92.000 getötet oder verwundet.
Zum einhundertsten Jahrestag wurde 1913 in Leipzig das 91 Meter hohe Völkerschlachtdenkmal fertiggestellt. Dieses Wahrzeichen wurde in der Nähe des Gebietes errichtet, in dem die heftigsten Kämpfe stattfanden und die meisten Soldaten fielen.“ (Soweit Wikipedia zu dieser Schlacht)
Auch das bekannte Denkmal in Leipzig, ebenfalls 1913 eingeweiht, bezieht sich auf diese Schlacht.
Das Bürgertum hatte liberale UND nationale Hoffnungen in diesen Sieg gesetzt, nach dem Scheitern der Revolution 1848 waren die liberalen Hoffnungen „erledigt“, die Nationalbewegung erlebte durch Bismarcks Staatsgründung „von oben“ 1871 die Gründung des Deutschen Kaiserreiches („Zweites Reich“), in dessen Verlauf der Nationalismus immer stärker propagiert und herausgebildet wurde, bis „die Deutschen“ unter Wilhelm II. einen „Platz an der Sonne“ im Kanon der anderen europäischen Großmächte und auf dem Rücken der ausgebeuteten Kolonien beanspruchte.
Die Formierung dieses übersteigerten Nationalismus zeigt sich auch in Dinkelsbühl am Geschehen um die beiden „Denk Male“ bzw. Erinnerungsorte von 1863, der Eiche, und 1913, dem Gedenkstein, die beide an den Sieg über Napoleon erinnern sollten.
Natürlich konnte den Zeitgenossen kaum klar sein, dass von der Enthüllung des Steins bis zum Mord in Sarajewo und dem Ersten Weltkrieg gerade noch 10 Monate Zeit waren.
Bereits das fünfzigjährige Jubiläum ging in Dinkelsbühl mit Feierlichkeiten einher. Am 10. Oktober 1863 erging an die Bewohner der Stadt im „Amts- und Anzeigenblatt“ ein Aufruf, „durch Schmückung der Häuser zur Verschönerung des Festes beizutragen“.
Für den 18. Oktober 1863 gab es dann ein im Amts- und Anzeigenblatt abgedrucktes straffes Programm (siehe Wiedergabe oben).
Um acht Uhr zogen die Veteranen vom Rathaus zur protestantischen Kirche, dort fand ein Festgottesdienst statt.
Um halb elf setzte sich der Festzug vom Rathaus, die Segringer Straße hinunter über den Weinmarkt und durch das Rothenburger Tor zur Crailsheimer Landstraße in Bewegung, von dort aus denn ging es zum „Festplatz an der neuen Anlage“. Dort wurde die jetzt nicht mehr vorhandene Eiche gepflanzt. Der jetzige Baum an der Stelle, direkt hinter dem Denkmal, ist eine spätere Pflanzung, von wann weiß ich (noch) nicht. Nach einem Besuch im Limeseum bei Ruffenhof erscheint es mir aber wahrscheinlich. Dort wurde eine Baumscheibe gezeigt, ebenfalls Eiche, und von der Umfangszunahme könnte es durchaus die "Originaleiche" sein.
n den Akten des Magistrats (II/A/15) sind Unterlagen dazu erhalten, dass 1887 eine Tafel als Zusatz zur Eiche aufgestellt wurde.
Auch eine Zeichnung der Tafel findet sich in dieser Akte, leider ist der Text der
Aufschrift nicht bekannt.
Am 23. August 1913 erschien in der Dinkelsbühler Zeitung ein Aufruf. Die Bevölkerung sollte zum Gedenken an den 100. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig aktiv werden, Engagement zeigen. Aber es geht den Initiatoren des Aufrufs um mehr als nur einen Gedenktag
„Nicht in einigen Festtagen, und wären sie noch so glanzvoll, soll die Erinnerung an das Befreiungsjahr verrauschen. Fortleben soll sie unvergänglich bis in die fernsten Zeiten“, so der Text des Aufrufs.
„Wie könnte das eindrucksvoller geschehen als durch ein Denkmal, das der Nachwelt
Kunde gibt, wie dankbar wir und unsere Zeit den tapferen Vätern waren.“
Der Text ist von einem „Festausschuss“ verfasst worden. Ihm gehören an:
Aug. Bauer |
- Lehrer |
R. Brunner |
- Direktor |
F. Brunner |
- Lebkuchenfabrikant |
R. Dauberschmidt |
- Privatier |
H. Dauchert |
- Uhrmachermeister |
H. Eydmann |
- Bezirksbaumeister |
R. Götz |
- Bürgermeister |
J. Greiner |
- Hauptlehrer |
K. Härtlein |
- Hafnermeister |
F. Huber |
- Sattlermeister |
H. Kohlhaas |
- Benefiziat |
A. Krüger |
- Buchdruckereibesitzer |
F. Ladenberger |
- Privatier |
F. Luitz |
- Amtsrichter a.D. |
W. Nonnenmacher |
- Sekretär |
O. Petzold |
- Apothekenbesitzer |
W. Reulein |
- Kaufmann |
F. Ruf |
- Konditor |
L. Sternecker |
- Hofrat |
W. Straub |
- Hauptlehrer |
G. Strehl |
- Kantor |
A. Wieser |
- Privatier |
K. Wunderle |
- Bierbrauereibesitzer |
K. Zehnder |
- Kaufmann |
A. Zimmermann |
- Bezirksgeometer |
Im September waren die Planungen des Stadtbauamts fertig. Aus den Akten des Magistrats (….) geht hervor, wie die gesamte Anlage gestaltet wurde. Dazu liegt in den Akten eine Zeichnung des Stadtbaurats:
Auch der Stein selbst wurde über die Stadt besorgt. Die gesamte Abwicklung, auch die finanzielle Seite, geschah über die Stadtverwaltung. Es wurde ein Konto angelegt, das Kontobuch verzeichnet genau die Eingänge (Spenden) und die Ausgänge für den Stein selbst, den Transport, selbst die Kosten für eine Informationsfahrt des Stadtbaumeisters nach Berolzheim, wo der Dolomit-Stein mit einem Gesamtgewicht von 1000kg gekauft wurde, ist hier abgerechnet.
Der Stein, das ist heute noch gut sichtbar, ist kein Einzelstück, sondern aus Dolomitgestein im angegebenen Gesamtgewicht zusammengesetzt. Auch dies wird durch die Zeichung in den Unterlagen des Magistrats deutlich:
Ein interessanter Punkt ist die Beschriftung des Steins.
Der Vorschlag des Magistrats nennt drei Jahreszahlen.
1813 - Zeitpunkt der Schlacht
1863 - 50jähriges Jubiläum und Jahr, in dem die Eiche gepflanzt wurde
1913 - 100jähriges Jubiläum und Jahr der Enthüllung des Steins.´
In der Antwort des bayerischen Innenministeriums, die in den Akten des Magistrats erhalten ist, wird berichtet, dass der bayerische König nur die Zahlen 1813 und 1913 erlaubt. Die Anbringung der Zahl „1863“ wird nicht genehmigt.
Wer heute einen Spaziergang in den Stadtpark macht und sich das Denkmal genau ansieht, findet eine interessante Lösung des Problems: Die Vorderseite des Steins trug die beiden Jahreszahlen „1813“ und „1913“, beide noch gut erkennbar. Auf die dritte Jahreszahl wollte man wohl doch nicht verzichten, sie findet sich auf der Rückseite des Steins.
Nicht geklärt werden kann (bisher) aber die Frage, ob die Jahreszahl auf der Rückseite bereits bei der Enthüllung des Steins 1913 eingemeißelt war, somit die eindeutige Regelung des bayerischen Innenministeriums geschickt, aber bewusst umgangen wurde, oder ob die Zahl zu einem späteren Datum graviert wurde.